NACHRUF HERRN PROF. DR. DR. H.C. KLAUS SCHALLER ZUM GEDENKEN

Ein BrĂĽckenbauer fĂĽr Europa.

BERNHARD JOSEF STALLA

„Ostříhej se jen v tom, k ÄŤemu jsem tÄ› zavolal, a jakĹĄ jsem cestu k slávÄ› tĂ©to ukázal, tak nĂ­ kráčej. BuÄŹ v svÄ›tÄ›, dokud tÄ› tam nechávám, poutnĂ­kem, podruhem, příchozĂ­m a hostem: u mne pak zde domácĂ­m mĂ˝m, právo nebešťanstvĂ­ tobÄ› se dává.“
Jan Amos KomenskĂ˝ 1.

„Halte dich an das Werk, wozu ich Dich berufen und wandle treu die Wege, die ich dir zur Seligkeit gewiesen habe. Solange ich dich in der Welt belasse, betrachte dich dort nur als Gast, als Fremdling oder Pilger; in deinem Herzen aber bist du nun ein Hausgenosse Gottes; denn siehe ich mache dich zu einem BĂĽrger des Himmelreichs.“
Johann Amos Comenius 2.

 

Portrait Prof. Dr. Klaus Schaller sw

Klaus Schaller wurde am 3. Juli 1925 in Zillerthal-Erdmannsdorf im Riesengebirge in Schlesien, als Sohn des Hauptlehrers und Kantors Hermann Schaller und seiner Frau Margarete Schaller, geb. Menzel geboren. Nach der Schulzeit studierte Klaus Schaller an der Pädagogischen Akademie Kettwig und war einige Jahre im Schuldienst beruflich tätig. Danach erfolgte sein Weiterstudium an der Universität Köln in den Fächern Pädagogik bei Prof. Dr. Theodor Ballauff, Philosophie bei Prof. Dr. Karl Heinz Volkmann-Schluck, Psychologie, Theaterwissenschaft und Neuere Germanistik. Parallel absolvierte Klaus Schaller eine Ausbildung in Sprecherziehung bei Frau Prof. Dr. G. Brix und im Schauspiel im Schauspielstudio Charlotte Morschel (in der Nachfolge der Städtischen Schauspielschule Köln).

Mit der Dissertation zum Thema „Zur Grundlegung der Einzelwissenschaft bei Comenius und Fichte. Eine Studie zum Problem des Studium Generale“ 3. hat Klaus Schaller an der Universität Köln bei Prof. Dr. Theodor Ballauff im Fach Pädagogik im Jahr 1955 promoviert. Das spannungsgeladene Verhältnis von Comenius und Descartes ist der Ausgang der Dissertation von Klaus Schaller. Dem Denken von Jan Amos KomenskĂ˝/Comenius als universaler Theologe, Philosoph und Pädagoge und Zweifler an den EngfĂĽhrungen frĂĽhneuzeitlicher Wissenschaften, stellt Klaus Schaller die Wissenschaftslehre Fichtes als Hochform einer Erkenntnis, die sich ins Denken zurĂĽckgezogen hat, gegenĂĽber. EindrĂĽcklich wird nachgewiesen, dass das pansophische Programm des Comenius der letzte groĂźe Versuch einer Wiederherstellung des umgreifenden Zusammenhangs von praktischer und theoretischer Wahrheit, von Wissen, Handeln und Können im Glauben war.
Klaus Schaller hat seine Frau Renate während des Studiums an der Universität Köln im Freundeskreis „Aquila“ kennengelernt. Am 15. Oktober 1959 hat Dr. phil. Klaus Schaller seine Frau Dr. med. Renate Schaller, geb. Schneider in Köln geheiratet. Noch in Köln wurden die ersten drei Kinder Andreas, Johannes und Dorothea geboren. Nach der Ăśbersiedlung nach Bochum im Jahr 1965 folgten Felicitas und Florian.

In den Jahren von 1956 bis 1959 war Klau Schaller wissenschaftlicher Assistent am Pädagogischen Institut der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Mit der Habilitationsschrift „Die Pädagogik des Johann Amos Comenius und die Anfänge des pädagogischen Realismus im 17. Jahrhundert“ 4. habilitierte sich Klaus Schaller im Jahr 1959 an der Universität Mainz. Zielsetzung der Habilitationsschrift war es dem Gedankengang von von Jan Amos KomenskĂ˝/Comenius mit seiner Zentrierung all seines Sagens, seines Denkens und seines Schreibens auf Gott hin, in seinen didaktischen Schriften, in seinen SchulbĂĽchern zur Sprachenlehre, in seinen philosophischen, pansophischen BruchstĂĽcken und Fragmenten in seiner systematischen Geschlossenheit nachzugehen, den pädagogischen Gedanken darin zu prĂĽfen und sich um eine Zusammenschau aller seiner Werke zu bemĂĽhen. Die eigentliche Pädagogik, die Didaktik, Sprach- und Unterrichtsmethode in Beziehung zu setzen mit den pansophisch-theologischen Gedankengängen und von der Panosophia her die Pädagogik von Jan Amos KomenskĂ˝/Comenius sichtbar zu machen, ist die Grundlage der Untersuchung, um die Comenius-Rezeption im 17. Jahrhundert und die Anfänge des pädagogischen Realismus als Ursprung der modernen Pädagogik darstellen zu können. Mit Hilfe der philosophisch-hermeneutischen Methode bemĂĽht sich die pädagogische Untersuchung von Klaus Schaller den systematischen Zusammenhang des Gesamtwerkes von Jan Amos KomenskĂ˝/Comenius zu erschlieĂźen und die einzelnen Schriften seines Werkes in Beziehung zu setzen zur Universalität seines Weltverständnisses.

In den Jahren von 1959 bis 1964 war Klaus Schaller Professor an der Pädagogischen Hochschule in Bonn. Von 1962 bis 1964 leitete er als Rektor die Pädagogische Hochschule Bonn. Ab dem Jahr 1965 erfolgte seine Berufung als Professor fĂĽr Historische und Systematische Pädagogik am Institut fĂĽr Pädagogik an der Ruhr-Universität Bochum bis zu seiner Emeritierung 1990 beruflich tätig. Auf seine Initiative wurde die Comenius-Forschungsstelle als Forschungszentrum innerhalb des Instituts fĂĽr Pädagogik der Ruhr-Universität Bochum im Jahr 1970 gegrĂĽndet. Klaus Schaller sah die Comenius-Forschungsstelle der Universität Bochum selbst als »Zentrum der Korrespondenz zwischen dem Osten und dem Westen«; als Versuch, das grenzĂĽberschreitende Denken in einer Welt zu ermöglichen 5.. Das persönliche Schicksal und die Chance zu verstehen, die von dem Tschechischen Denker der Universalität im 17. Jahrhundert ausging, soll die Bedeutung fĂĽr eine humane Lösung fĂĽr die Probleme unserer Welt aufzeigen. Nach den historischen Ereignissen im Herbst 1989, nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaft in den osteuropäischen Ländern, hat sich die Weltlage radikal verändert. Zwanzig Jahre nach der GrĂĽndung konnte die Forschungswelt deutlich erkennen, dass die GrĂĽnde, die zu der GrĂĽndung der Comenius-Forschungsstelle in der Ruhr-Universität Bochum fĂĽhrten, nicht bereits vorhanden waren. Die Comenius-Forschungsstelle am Institut fĂĽr Pädagogik der Universität Bochum hat durch Forschungen zu Comenius nicht nur als Pädagoge 6., sondern ebenso gewichtig auch als Theologe 7., als Philosoph 8., Historiker 9. und Politiker 10., durch Korrespondenz, durch länderĂĽbergreifenden Gedankenaustausch, durch Begegnungen zur Völkerverständigung, durch Veröffentlichungen, die jährlich erscheinenden „Mitteilungsblättern der Comeniusforschungsstelle“ und die Publikationsreihe „Schriften zur Comenius-Forschung“ ihre internationale Forschungsmission erfolgreich erfĂĽllt. Klaus Schaller hat die eigenen und neuen Impulse fĂĽr die Comeniusforschung die durch das Forschungszentrum an der Universität Bochum geschaffen wurden in einer Veröffentlichung mit dem Titel „Zwanzig Jahre Comeniusforschung in Bochum“ 11. in 34 Forschungsbeiträgen zusammengefasst und herausgegeben. Die Comenius-Forschungsstelle am Institut fĂĽr Pädagogik der Ruhr-Universität Bochum wurde als Korespondenzzentrum fĂĽr Deutschland errichtete mit dem Ziel, die einzelnen comeniologischen Aktivitäten zu erfassen, Comeniana und Themenbeiträge, BĂĽcher und Aufsätze ĂĽber Comenius, seine Zeit, pädagogischen Ideen und Wirkungsgeschichte zu sammeln, Tagungsbeiträge zu dokumentieren, Forschungsarbeiten und Veröffentlichungen anzuregen und zu betreuen.

Die Vermittlung der pädagogischen Ideen von Jan Amos Komenský/Comenius wurde in den Jahren von 1993 bis 2003 von Herrn Prof. Dr. Gerhard Michel an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in Lehre und Forschung im Fach Allgemeine Pädagogik, Historisch-Systematische Pädagogik durch Vorlesungen und Seminar, Tagungsteilnahmen, Forschungsbeiträge und Veröffentlichungen ermöglicht.

Die Forschungsstelle „Interkulturelle Philosophie und Comenius-Forschung“ an der Universität Bamberg unter gemeinsamer Leitung von Herrn Prof. Dr. Dr.h.c. Erwin Schadel und Prof. Dr. Dr.h.c. Heinrich Beck, am Lehrstuhl fĂĽr Philosophie I der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, hat in den Jahren von 1999 bis 2011 die ideengeschichtliche und systematische Bearbeitung eines ganzheitlichen Wirklichkeitsverständnisses ihm Rahmen eines interkulturellen Dialogs und die philosophische ErschlieĂźung des Denkansatzes des tschechischen Theologen, Philosophen und Pädagogen Jan Komensky (lat. Comenius), (*1592-†1670) untersucht und wertvolle Forschungsbeiträge in Form von Tagungen, Publikationen und Forschungsarbeiten geleistet. Seit ihrer GrĂĽndung im Jahr 2009 hat das Comenius-ExpertenForum an der Ludwig-Maximilians-Universität MĂĽnchen unter Leitung von Frau Prof. Dr. Maria-Anna Bäuml-RoĂźnagl und Frau Prof. Dr. Dr. Elisabeth Zwick die Aufgaben einer Comenius-Forschungsstelle ĂĽbernommen und beinhaltet als zentrales Anliegen, den aktuellen Europäischen Bildungsauftrag hinsichtlich seiner historischen Grundlagen und der von COMENIUS erarbeiteten geist-politischen Wurzeln des Europäischen Bildungsgedankens offenzulegen und professionell zu fördern.
Im Rahmen des XV. Internationalen Comenius-Colloquium vom 13. bis 15. September 1988 in Uherský Brod hat das Muzeum Jan Amos Komenský Uherský Brod, Herrn Prof. Dr. Klaus Schaller mit einer Erinnerungsmedaille zum neunzigjährigen Bestehen des Muzeum Jan Amos Komenského Uherský Brod 12. für seinen persönlichen Anteil am Aufbau dieser Einrichtung geehrt.
„Professor Klaus Schaller erinnert sich: „An unserer Universität Bochum grĂĽndeten wir im Jahr 1970 die Comenius-Forschungsstelle, die wir als BrĂĽcke sahen, als die Ăśbereinstimmung zwischen dem durch Machtblöcke in Ost und West geteilten Europa. Die Internationalität, die bei uns praktiziert wurde, bestand im Austausch von Briefen und Ideen und limitiert veröffentlichten Texten und hier in UherskĂ˝ Brod durchgefĂĽhrten persönlichen Begegnungen. Hier auf neutralem Boden war es möglich, wieder Freunde zu treffen aus der DDR, da ein Treffen zu Hause, im geteilten Deutschland, unmöglich war. Hier in der Provinz schien möglich zu sein, was in Prag im Zentrum der Ideologie offenbar nicht stattfinden konnte. Der wissenschaftliche Beitrag dieser Treffen war erheblich.“ 13.

Im Jahr 1992 wurde Herrn Prof. Dr. Klaus Schaller die ,Goldene Frantisek Palacky-Plakette“ von der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften verliehen. Am 26. März 1992 hat Karls-Universität Prag mit der Verleihung der EhrendoktorwĂĽrde den Theologen Prof. ThDr. MiliÄŤ Lochmann fĂĽr seine theologischen Forschungen und seine Verbreitung der Theologie der tschechischen Reformation in der Welt und den Pädagogen Prof. Dr. Klaus Schaller fĂĽr seine wissenschaftlichen Leistungen und die ausgezeichneten Forschungsarbeiten zur Philosophie der Erziehung, vor allem fĂĽr die comeniologische Forschungen und zugleich das internationale politische Engagement, die wesentlich zur Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei in extrem schwierigen politischen Zeiten beitrugen, gewĂĽrdigt. Durch den Präsidenten der Tschechischen Republik, Václav Havel erhielt Herr Prof. em. Dr. Dr. h.c. Klaus Schaller die Medaile Za zásluhy je nižší státnĂ­ vyznamenánĂ­ ÄŚeskĂ© republiky, die Staatliche Verdienst-Medaille I. Klasse der Tschechischen Republik 14., am Tschechischen Nationalfeiertag am 28. Oktober 1997 im Wladislav-Saal der Prager Burg.

Im Jahr 1997 ehrte die Tschechischen Akademie der Wissenschaften Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Schaller mit der „Jan PatoÄŤka-Medaille“ 15..
Für seine wissenschaftliche Leistung und sein weit darüber hinausgehendes gesellschaftliches Engagement wurde Klaus Schaller durch Bundespräsident Roman Herzog im Jahr 1996 mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Verbunden mit allen Ehrungen und Auszeichnungen in der Tschechischen Republik und in der Bundesrepublik Deutschland ist die Wertschätzung der Person und die Achtung der wissenschaftlichen Leistungen von Klaus Schaller, mit der seine Forschungsarbeiten, seine Lehr- und Vortragstätigkeiten und seinen politischen Einsatz als „BrĂĽckenbauer fĂĽr Europa“ gewĂĽrdigt werden. Als Brennpunkt seiner wissenschaftlichen Forschungsarbeiten benennt Klaus Schaller einen Fokus von vier Arbeitsschwerpunkten.

„Meine wissenschaftlichen Arbeiten fokussieren in vier, selbst wieder aufeinander bezogenen Brennpunkten:

  1. Das Thema Comenius begleitet mich von Kindheit an. Meine GroĂźeltern wohnten in Neusalz an der Oder auf der ComeniusstraĂźe, und schon als Vierjährigem zeigte mir mein GroĂźvater, Lehrer in Neusalz, die Bilder des „Orbis sensualium pictus“ des J. A. Comenius.
  2. 1957 lernte ich auf der ersten internationalen Comeniuskonferenz in Prag den Phänomenologen Jan PatoÄŤka (1907-1977) kennen, der nicht zu Unrecht der bedeutendste tschechische Philosoph des 20. Jahrhunderts genannt wird und in seinen Studien zu Comenius die Comeniusforschung auf ein bislang nicht ĂĽbertroffenes Niveau gehoben hat. Bis zu seinem Tode währte unsere Freundschaft, und fortan bemĂĽhe ich mich darum, seine Philosophie der „offenen Seele“ und seine Pädagogik der Existenzbewegungen den deutschen Phänomenologen und Pädagogen bekannt zu machen. Ich habe ihm fĂĽr meine Arbeiten zu Comenius und zur Pädagogik der Kommunikation viel zu verdanken.
  3. Meine Pädagogik der Kommunikation kann zunächst als eine Ăśbertragung der „Pädagogik der Entsprechung“ meines akademischen Lehrers Theodor Ballauff in den sozialen und politischen Denk- und Handlungshorizont am Anfang der 70er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland gelesen werden. Ihre entschieden demokratische Grundhaltung läßt sie auch heute noch fĂĽr manche unbequeme Antworten zu Fragen der Bildung und Erziehung formulieren. Sie löst das pädagogisch-politische Anliegen des Comenius aus seinem historischen Kontext, sie versetzt und ĂĽbersetzt es in neuer Gestalt in die Problemlage und in die Sprache unserer Moderne.
  4. Zu meinen Arbeiten ĂĽber Carl Arnold Kortum (1745-1824) hat mich der Kanzler der Ruhr-Universität Bochum Dr. Bernhard Wiebel angestiftet, wiewohl es zu den PflichtĂĽbungen jedes Mietglieds dieser Universtät gehören sollte, sich mit Leben und Werk dieses ersten akademisch gebildeten Arztes der Stadt Bochum und Bergarztes am Bergamt zu Wetter/Ruhr bekannt zu machen. Ăśber seine ärztliche Praxis, seine Arbeiten zur Alchemie und Medizingeschichte, seine dichterische und schriftstellerische Produktion hinaus interessierte mich besonders Kortums Wirkung als Volksaufklärer in den Zeitschriften des Niederrheins und Westfalens.“ 16.

Auch als Schauspieler und Rezitator von Texten war Klaus Schaller im Sinne des Gedankens der „Schola Ludus“ der pädagogischen Wirkung von Schauspielen und Theaterspiel von Jan Amos KomenskĂ˝/Comenius tätig. Als die Text- und Musik-Komposition von Petr Eben: „Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzen“ 17. nach Texten des J. A. Comenius auf der groĂźen Klais-Orgel im Audimax der Ruhr-Universität Bochum im Jahr 2004 vorgetragen wurde, sprach Klaus Schaller die Texte von Jan Amos KomenskĂ˝/Comenius. Petr Eben (* 22. Januar 1929 Ĺ˝amberk – † 24. Oktober 2007 Praha/Prag) war einer der fĂĽhrenden zeitgenössischen Komponisten der Tschechischen Republik. In seiner Bewertung der Bedeutung von Comenius fĂĽr die Wissenschaft, die Bildung und die internationale Verständigung, kennzeichnet Klaus Schaller in einer Zusammenfassung des Wissenschaftskonzepts von Jan Amos KomenskĂ˝/Comenius im 17. Jahrhundert seine Denkleistung als Voraussetzung fĂĽr das Entstehen der modernen Wissenschaft. „Die moderne Wissenschaft befindet sich heute in einem unĂĽbersehbaren Dilemma. Unsere Weltlage – Friedlosigkeit, Begrenztheit der Energievorräte, Schwierigkeiten der ausreichenden Ernährung der explosiv wachsenden Weltbevölkerung – zwingt sie dazu, unter Einsatz all ihrer Mittel die Forschung voranzutreiben. Dabei stößt sie an Grenzen – ökologische, moralische, gesellschaftliche – , die allen Fortschritt der Wissenschaft auch infrage stellen. Unter dem Motto der sozialen Verantwortung hat die Wissenschaft seit Jahren diese Probleme erörtert. Comenius – durch die Katastrophe des DreiĂźigjährigen Krieges hellhörig gemacht – hat die GrĂĽndungsphase unserer modernen Wissenschaft im 17. Jahrhundert höchst wachsam mitvollzogen, sich an ihrer Genese auf seine Weise beteiligt und sich argumentativ mit ihren GrĂĽndungsvätern, Bacon und Descartes, auseinandersetzt. Und doch wurden die wissenschaftlichen Leistungen der ersten europäischen Gesellschaft – der Royal Society in London – neidlos anerkannt, und zur gleichen Zeit kritisierte der Gelehrte, dass das Bewertungskriterium „mehr Menschlichkeit in dieser Welt“ ĂĽbersehen wird (rerum humanarum emendatio). In dieser Kritik ahnt er all die Probleme voraus, die uns heute offen vor Augen liegen. Sein Wissenschaftskonzept, das die soziale Verantwortung in das wissenschaftliche Forschen hineinnimmt, stellt einen alternativen Denkweg der Moderne dar, der – weithin verdrängt – heute mit Blick auf unsere Weltsituation dringend erneut bedacht werden sollte.“ 18.

Am Sonntag, 17. Mai 2015 ist der Pädagoge, Schauspieler und Rezitator Klaus Schaller im Alter von 89 Jahren in Bochum verstorben. Als ein Brückenbauer für Europa hat Klaus Schaller seine pädagogische Forschung und Lehre unter die Perspektive von Humanität gestellt und für ein humanes Leben in demokratischen Verhältnissen beigetragen. In Bezug auf das Ganze in Erziehung und Unterricht, auf die Achtsamkeit für die Menschen und eine humane pädagogische Kommunikation in der Schule und in pädagogischen Handlungsfeldern, hat sich Klaus Schaller darum bemüht, dass die pädagogischen Gedanken von Jan Amos Komenský/Comenius lebendig gehalten werden und leitend bleiben.


  1. Komenský, Jan Amos: Labyrinth Světa a ráj srdce. Kapitola LIII. Poutník za domázího božího přijat Brno, 2014, s. 172.
  2. Comenius, Johann Amos: Das Labyrinth der Welt und Das Paradies des Herzens. Mit einem Vorwort von Kohout, Pavel. Luzern und ZĂĽrich, 1970, 53. Kapitel Der Pilger wird unter die Hausgenossen Gottes aufgenommen. S. 275.
  3. Schaller, Klaus: Zur Grundlegung der Einzelwissenschaft bei Comenius und Fichte.Eine Studie zum Problem des Studiums Generale. Diss. Univ. Köln 1955. Zillerthal, 1. Auflage 1955, 342 S. Schaller, Klaus: Zur Grundlegung der Einzelwissenschaft bei Comenius und Fichte. Eine Studie zum Problem des Studiums Generale. Mit einer Einleitung von Meyer-Drawe, Käte. 
St. Augustin: Academia 1999. 243 S. (Schriften zur Comenius-Forschung Bd. 26)
  4. Schaller, Klaus: Die Pädagogik des Johann Amos Comenius und die Anfänge des pädagogischen Realismus im 17. Jahrhundert. Heidelberg 1. Auflage 1962, 2. Auflage 19672 (Veröffentlichungen des Comenius-Instituts, Bd. 21)
  5. Schaller, Klaus: Comeniusforschung in Bochum. In: Jahrbuch der Ruhr-Universität Bochum 1980, S. 35-42; Schaller, Klaus: Die Comeniusforschungsstelle der Ruhr-Universität Bochum (BRD). In: Z kralické tvrze 14 (1987), S. 6-9;; Schaller, Klaus: Internationale Comeniusforschung und die Comeniusforschungsstelle in Bochum. In: Vergleichende Erziehungswissenschaft. Informationen-Berichte-Studien. Nr. 18. Dez. 1987, S. 207-211.
  6. Schaller, Klaus: Die Stellung der Pädagogik in KomenskĂ˝s „Consultatio Catholica“ In: Archiv pro bádánĂ­ o ĹľivotÄ› a dĂ­le J. A. KomenskĂ©ho, Acta Comeniana 1 (1970), S. 119-126;.Schaller, Klaus: Spätes Vermächtnis. Pädagogische und philosophische Prinzipien des J. A. Comenius. In: Vierteljahresschrift fĂĽr wissenschaftliche Pädagogik 3/2008, S. 262-277;.Schaller, Klaus: Johann Amos Comenius. In: Zierer, Klaus / Saalfrank, Wolf-Thorsten (Hrsg.): Zeitgemäße Klassiker der Pädagogik. Paderborn, 2010, S. 21-35.
  7. Schaller, Klaus: Die BemĂĽhungen des J. A. Comenius um den Weltfrieden. In: Bach, Arthur Hg. Dienst fĂĽr Kirche und Schule. Festschrift fĂĽr Edgar BouĂ©. Dortmund 1968, S. 21-26; Schaller, Klaus: Comenius als Seelsorger. In: Heydorn, Heinz-Joachim Hg. Johann Amos Comenius – Geschichte und Aktualität. Bd. I. Hrsgg. v. GlashĂĽtten 1971, S. 211-21
  8. Schaller, Klaus: Komenskýs Humanismus. In: Studia Comeniana et Historica 1 (1971), S. 25-35.
  9. Schaller, Klaus: Die Geschichte der böhmischen Exulanten in Berlin (1732-1766) nach Matthias Servus. In: Unitas Fratrum, H. 15, 1984, S. 87-89; Schaller, Klaus: Jakob Redinger in seinem Verhältnis zu Johann Amos Comenius. In: Schweizerisch-deutsche Beziehungen im konfessionellen Zeitalter. Beiträge zur Kulturgeschichte 1580-1650. Wiesbaden 1984, S. 139-166.
  10. Schaller, Klaus: Die Generalreform des J. A. Comenius. Ein Beitrag zum Verhältnis von Pädagogik und Politik. In: Päd. Rdsch. 31 (1977), S. 471-485.
  11. Schaller, Klaus Hg. Zwanzig Jahre Comeniusforschung in Bochum Gesammelte Beiträge/ Dvacet let bochumské komeniologie. Sebrané prispevky. 
St. Augustin: Academia
 1990. 414 S. (Schriften zur Comenius-Forschung Bd. 18)
  12. Pamětní medaile k 90. Výročí Muzea J. A. Komenského akad. soch. Stanislav Mikuláštík, 1987. Gedenkmedaille zum 90. Jahrestag der Gründung des Museums von J. A. Komenský, geschaffen von dem akademischen Bildhauer Stanislav Mikulastik, 1987
  13. Profesor Klaus Schaller vzpomĂ­ná: „Na naší univerzitÄ› v Bochumi jsme v roce 1970 zaloĹľili comenius forschungsstelle, kterĂ© jsme chápali jako most, jako korespondenÄŤnĂ­ stĹ™edisko mezi vĂ˝chodem a západem v tehdejší na mocenskĂ© bloky rozdÄ›lenĂ© EvropÄ›. Internacionalita, která se u nás praktikovala jako vĂ˝mÄ›na dopisĹŻ a myšlenek a omezovala se na publikovánĂ­ textĹŻ, se zde v UherskĂ©m BrodÄ› realizovala osobnĂ­m setkávánĂ­m. Tady na neutrálnĂ­ pĹŻdÄ› se mohou opÄ›t potkat přátelĂ© z NDR, a toto setkánĂ­ bylo doma, v rozdÄ›lenĂ©m NÄ›mecku, nemoĹľnĂ©. Zde v provincii patrnÄ› bylo moĹľnĂ© to, co by se v Praze, ideologickĂ©m centru, zĹ™ejmÄ› nemohlo vĹŻbec uskuteÄŤnit. VÄ›deckĂ˝ přínos tÄ›chto setkánĂ­ byl podstatnĂ˝.“ Tolik Klaus Schaller.“ Popelka, Pavel: Muzeum Jana Amose KomenskĂ©ho v UherskĂ©m BrodÄ› – přínos k uchovávánĂ­ odkazu KomenskĂ©ho a hledánĂ­ novĂ˝ch cest jeho vizualizace a projekce DVD. v: Senat Parlamentu ÄŚeskÄ› Republiky Ed. Pozvánka na mezinárodnĂ­ konfernci dne 15. Lisotpadu 2010 na tĂ©ma Jan Amos KomenskĂ˝ – jeho odkaz dnešku. Praha, 2010, s. 39-42, nabĂ­dky s. 40.
  14. Václav Havel würdigt Prof. Schaller. Ruhr-Universität Bochum, Nachrichten, Nr. 199 Bochum, 22.10.1997 Quelle Internetseite http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/41545/
  15. Akademie věd České Republiky: Pamětní medaile Jana Patočky: Prof. Dr. Klaus Schaller 1997. Quelle Internetseite http://www.cas.cz/miranda2/export/sitesavcr/data.avcr.cz/%20veda _a_vyzkum/oceneni/medaile/files/medaile-od-1995.pdf
  16. Schaller, Klaus: Arbeitsschwerpunkte.Bochum: Ruhr-Universität Bochum 2011. Quelle: Internetseite http://homepage.ruhr-uni-bochum.de/Klaus.Schaller/Schwerp .htm
  17. Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens fĂĽr Orgel und Sprecher komponiert von Petr Eben 2003. Prag und Mainz: Panton International, 2003
  18. Schaller, Klaus: Urteil über Comenius. Bochum, 2000. In: Bewertungen des Johann Amos Comenius. Zusammengestellt von Korthaase, Werner. Berlin: Deutsche Comenius-Gesellschaft o.J. (2001) Zitiert nach der Internetseite http://www.deutsche-comenius-gesellschaft.de/comenius.html Tschechische Textfassung Schaller, Klaus: Rozsudek o Komenský In: Hýb, František (Ed.) Beneš, Jiří a Korthaase, Werner (Red.) Jan Amos Komenský. Jeho význam pro vědu, výchovu a mezinárodní porozumění. [Johann Amos Comenius. Seine Bedeutung für Wissenschaft, Bildung und internationale Verständigung] Přerov: Muzeum Komenského 2002, S. 74-75.